Der Bund – 07.12.2017 –
Ania Losinger wird mit ihrem Quartett NEN den Orbital Garden bespielen.
Zur Person
Auf den ersten Blick ist die Bernerin Ania Losinger eine Flösserin mit menschenhohen Stäben und Flamencoschuhen. Doch ihr hölzernes Bodeninstrument Xala ist mit den metallenen Klangflächen und elektronischen Tonabnehmern wohl kaum wasserfest. Dennoch trägt es sie akustisch über weite, warme Flächen. Zu ihrem langjährigen Gegenspieler und Partner Mats Eser gingen vor zweieinhalb Jahren für die Band NEN auch Bassist Björn Meyer und Schlagzeuger Chrigel Bosshard an Bord. Das Quartett spielt von Mo, 11. 12., bis So, 17. 12., ab jeweils 21 Uhr (Fr und Sa um 22 Uhr) in Don Lis Klanglabor, dem Orbital Garden in der Kramgasse 10.
Sie werden mit ihrem Quartett NEN eine Woche lang den Orbital Garden beschallen. Der Untertitel verspricht verschmelzende Strukturen und hypnotische Klanglandschaften. Was überwiegt: Tanz oder Trance?
Es ist beides gleichauf, die Sphären von Mats Eser an Vibrafon und Fender Rhodes verleiten zum Augenschliessen und Zurücklehnen, werden aber dicht gefolgt vom energetischen Schlagzeugspiel Chrigel Bosshards, das durchaus einen Bewegungsdrang auslöst.
Und dazu spielen Sie mit Füssen und Stäben auf Ihrem massgeschneiderten Instrument: der Xala. Das ist eine Art Marimba zum Drauftreten?
Die Klangflächen aus Holz sind in der aktuellen Version, der Xala III, mit Metall und mit Tonabnehmern versehen. Ich spiele darauf mit meinen Flamenco-Schuhen auch eine Art Schlagzeug.
Mit Mats Eser spielen Sie schon lange im Duo. Wie kam es zur personellen und elektroakustischen Verstärkung?
Rückblickend ist das eine logische Folge. Als die Xala III neu war, hat Björn Meyer als Tonmeister den warmen holztypischen Sound in neue Klanglandschaften eingebaut. Danach war völlig klar: Wir probieren etwas mit ihm am Bass und brauchen ausserdem einen Schlagzeuger.
Sind Ihre Bewegungen auf der Xala immer an Töne gebunden?
Nein, damit gehe ich inzwischen freier um. Ganz lange war für mich völlig klar: Jede Bewegung dient dem Klang. Jetzt lasse ich mir die Freiheit, andere, lautlose Bewegungen rhythmisch derart einzupassen, dass sie möglicherweise nur in der Vorstellung Klänge auslösen.
Die Live-Mitschnitte werden nächstes Jahr veröffentlicht, für diese Zwischentöne allein sollte man aber physisch anwesend sein?
Unbedingt. Wir haben viel Material und werden jeden Abend etwas anderes spielen. Durch die Kompositionen führt uns kein Bandleader oder kein Solist im eigentlichen Sinne, es scheint eher, als würde eine magische Hand alles leiten. Wir sind dankbar, in einem experimentellen Klanglabor wie dem Orbital Garden noch mehr zusammenzuwachsen, weil die Musik nicht auslatscht, sondern immer besser wird, je knackiger sie gespielt wird. Und ja: Als Live-Band sind wir einfach extrem stark, finde ich. Das muss man mal auf Tonträger festhalten.
Ihre Xala wiegt mehrere Hundert Kilogramm. Wie oft wünschten Sie sich, ein handlicheres Instrument zu spielen?
Solche unnützen Gedanken gibt es natürlich. Aber man sucht sich das ja nicht aus. Ich wollte Tanz und Musik zusammenbringen, das hat mich nie losgelassen. Nie und nimmer hätte ich zu Beginn geahnt, dass ich mal mit einer Band unterwegs sein werde. Ich habe ausserdem mein Instrument noch lange nicht vollständig entdeckt, obwohl ich es seit gut 20 Jahren spiele.
Weil Sie stets auch selbst zum Klangkörper werden, der darauf mitschwingt?
Ja, das setzt eine unglaubliche Kraft frei. Vor allem im Konzert haut mich das immer noch um. Es ist eindrücklich, und auch bei den Zuschauern scheint etwas zu passieren – sie bleiben mit offenem Mund sitzen. Ich arbeite an dieser Verbindung zwischen Raum, Klang und Publikum. Es müssen archetypische Bilder sein, die das auslöst. Aber wenn ich jetzt erklären könnte, was da genau passiert, dann wäre es vielleicht gar nicht mehr so magisch. (Der Bund)